Awareness
Das Festival setzt sich für Diversität, Respekt und Offenheit ein. Ziel ist es, eine sichere Veranstaltung mit größtmöglicher Diskriminierungsfreiheit zu gestalten, bei der eine freundliche, offene Atmosphäre herrscht und sich alle unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Befähigung, Herkunft, ggf. Religion, gesellschaftlichem oder wirtschaftlichem Status wohlfühlen können.
Das Festival spricht als kostenfreie Kulturveranstaltung im Zentrum der Stadt Bonn ein extrem diverses Publikum an. Gerade weil sich unterschiedliche Menschen in sehr verschiedenen Bedingungen und Situationen wohl oder unwohlfühlen, erwarten wir von allen Besucher*innen ein tolerantes, wohlwollendes Verhalten und Verantwortungsüberahme für ein positives Gelingen der Veranstaltung. Wir appellieren an alle, sich respekt- und rücksichtsvolles zu verhalten.
Falls es dennoch zu Konfliktfällen kommen wird, haben wir in diesem Jahr erstmal ein Awareness Team (Ansprechpersonen) auf dem Hof. In Situationen, die Sie als unangemessen empfinden, wird das Awareness Team versuchen, konstruktive Lösungen zu finden. Für Rückmeldung zur Veranstaltung im Allgemeinen können sie am Infostand einen Feedback -Fragebogen ausfüllen.
Das Festival scheut keinen Aufwand und Mühen, die Veranstaltung so komfortabel wie möglich zu machen. Ein Teil dessen sind auch die Sicherheitsbestimmungen, bei denen keine Kompromisse gemacht werden können. Das betrifft beispielsweise die Taschenkotrollen, die begrenzte Anzahl an Sitzplätzen, keine Reservierungsmöglichkeiten und weiteres.
Es wird trotz unserer Bemühung Verbesserungspotential geben. Anmerkungen, Vorschläge oder Lob kann sehr gerne per E-Mail an awareness.inklusion@film-ist-kultur.de gerichtet werden.
Faszination und Präsentation des Stummfilms mit Live-Musik
Die Internationalen Stummfilmtage Bonn sind ein besonderes Filmfestival, denn es werden Filme des sogenannten Filmerbes gezeigt. Das sind alte Filme, die zum Teil mehr als 100 Jahre alt sind. Diese Filme enthalten visuelle Codes, die heute anders gelesen werden (können) als damals.
Das Stummfilmfest ermöglicht einen einzigartigen, filmisch immer nah an der damaligen Realität, Einblick und Genuss in die 20ger Jahre: Geprägt auch immer von befreienden, ungehörigen und überraschenden Momenten.
Wann gab es zuvor selbstbewusste Frauen in Hosen und kurzen Haaren, die mit einem affenzahn mit ihren Autos durch die Gegend bretterten, atemberaubende Ritts auf durchgehenden Gäulen performten, mit sinnlichem Augenaufschlag in gewagtem Outfit vor phantastischer Kulisse verführten, als Flintenweib die Welt im Atem hielten und immer das Heft selbst in der Hand hatten? Neben weiblichen Stars und Sternchen, mit machtvollen Produzentinnen im Rücken, gab es das in der Zeit wie nie zuvor, und lange nicht danach: auch eine große Bandbreite von Rollen für Männer. Sie konnten sowohl in kindlichen Slapstick Quatsch, melodramatischen scheiternden Antihelden, Crossdressing und sexy Körperbildern besetzt werden oder sehr ernsthaft in international vermittelbaren Rollen spielen.
Der Film war damals zuerst ein junges, freies, grenzwertiges, freches und körperbetontes Massen- Medium, das mit vielen Tabus gebrochen hat, was natürlich auch sofort die Zensur auf den Plan gebracht hat. Die Freiheiten und Tabubrüche, die dieses neue Medium Film brachte, sind durch einen von heutigen Sehgewohnheiten geprägten Blick nicht immer direkt zu erkennen. Und neben dem rebellischen Potential der 20er Jahre für Genderrollen, die sich im Medium Film spiegeln, zeigen sich im Film genau so deutlich auch die Grenzen und Restriktionen beispielsweise für nicht-weiße Schauspieler*innen, die zum Teil auf stereotypisierenden Darstellungen reduziert wurden. Sexismus, Rassismus, Ableismus, Gewalt gegen Tiere etc. waren Teil von Gesellschaften und deren Geschichte (und sind es noch) und diese Machstrukturen schlugen sich auch in der Filmkultur nieder.
Gerade die fast dokumentarischen Erzählungen der bitteren Armut, der rassistischen und sexistischen Gewalt, der Kinderausbeutung und Kriegsgeschehen erschüttern und berühren heute wie damals. Dem Einwand „das war damals normal“, doch heute etwas befremdlich, widersprechen wir kategorisch. Damals wie heute gab es Widerstand gegen Ausbeutung und Menschenverachtung in der künstlerischen Darstellung. Das Erforschen und Sichtbarmachen dieser Aspekte ist uns ein Anliegen.
Die Codes der asymmetrischen Abhängigkeitsverhältnisse zu dechiffrieren und zu kontextualisieren sehen wir als wichtigen Beitrag zur Praxis der Aufführung von Filmerbe, und Film überhaupt. Als Filmerbefestival möchten wir diese Filmkultur zugänglich machen, bisher unerzählte Blickwinkel zeigen, neue Lesarten von Filmgeschichte sichtbar machen und den neusten Stand der Filmgeschichtsforschung zeigen.