In ihrem einzigen selbst produzierten Film spielt Ruth Weyher die Ehefrau eines bankrotten Nachtredakteurs, die heimlich als Varietétänzerin auftritt, um seine finanzielle Misere zu lindern. Ihr spießiger Mann glaubt jedoch, sie habe von einer reichen Tante geerbt. Als die vermeintlich tote Tante plötzlich vor der Tür steht, beginnt ein turbulentes Versteckspiel… Diese schrullige Komödie kombiniert temporeiche Verwicklungen mit einer Botschaft zur Geschlechtergerechtigkeit. Im Zuge der Restaurierung entstand eine Audiodeskription für Sehbehinderte, die 2025 für den Deutschen Hörfilmpreis nominiert wurde. Vor dem Film berichten Oliver Hanley und Barbara Fickert über die aufwändige Arbeit an der Restaurierung und der Hörfilmfassung und zeigen seltene Filmaufnahmen aus dem Nachlass Ruth Weyhers.
Hier herrscht Tempo. Es wirbelt von Überraschungen, Jagden, Unwahrscheinlichkeiten, Späßen, Grimassen, verdrehten Augen. Der Regisseur Holger-Madsen bringt Leben und Witz in die nicht ganz so ungewöhnliche Geschichte, so dass man teilweise eine gute amerikanische Groteske zu erleben glaubt. – Er (Georg Alexander) ist Nachtredakteur. Sie (Ruth Weyher) spielt derweilen Theater, wovon er nichts weiß. Aber natürlich merkt er doch, dass irgendwas nicht stimmt, Konflikt, Trennung – und dann doch happy end. Ruth Weyher hat das Tempo, das die Regie verlangt, ihr Temperament kann sich dabei prachtvoll entladen, sie hat auch Humor, Witz – und das ist ein seltenes Ding bei unseren Filmdiven. Georg Alexander gibt dem Dummerchen von Gatten, was ihm gebührt.
m., Berliner Volkszeitung, 4.9.1929
Der Regisseur Holger-Madsen hat Geschmack und Talent. Bislang machte er ziemlich ungeeignete Stoffe filmwirksam, und diesmal setzte er ein an sich belangloses Lustspiel recht amüsant in Szene. Holger-Madsen hat ein feines Gefühl für das, was gefällt, er feilt an seinen Arbeiten, er versteht sich auf Stimmung, und er würde auch ein schwieriges Problem meistern.
Dieses Lustspiel, das den Untertitel „Nachtreporter“ führt, handelt von einem ziemlich stark verspießerten Nachtredakteur. Er hat ein entzückendes Frauchen, das den Spießer in ihm kennt und ihm daher die künstlerische Vergangenheit verschwieg. […] Ruth Weyher hat als Nanette eine Bombenrolle, die sie brillant durchführt. Georg Alexander ist ein famoser etwas unbeholfener Nachtreporter, und Margarethe Kupfer holt sich einen Sondererfolg als Tante Finchen aus Batavia. Vor den Augen des Publikums mausert sie sich vom vorsündflutlichen Schreckgespenst zum Rasseweib. […] Das Premierenpublikum war begeistert.
e. b., Der Abend. Spätausgabe des Vorwärts, 31.8.1929