Gerhard Lamprechts Film ist die erste Verfilmung des nobelpreisgekrönten Literaturklassikers von Thomas Mann über Aufstieg und Fall einer Lübecker Kaufmannsfamilie. Entgegen der 1901 veröffentlichten Romanvorlage spielt die Handlung des Films nicht im 19. Jahrhundert, sondern in den 1920er Jahren. In eindrucksvollen Bildern und aufwendiger Ausstattung zeigt er den Wandel der Generationen, persönliche Schicksale und den Verfall traditioneller Werte. Der BUDDENBROOKS-Film gilt als ambitioniertes Projekt des Weimarer Kinos, welches Lamprecht zu seinem Durchbruch als Regisseur verhalf.
Aus Thomas Manns „Geschichte des Verfalls einer Familie“ ist das persönliche Erlebnis des jüngsten Vertreters dieser Familie geworden, der Eheroman des patrizierstolzen, geschäftsstolzen, allzu geschäftsstolzen ehrbaren Kaufmanns Thomas Buddenbrook. Durch diese starke Zusammenziehung der von Thomas Mann über die Geschehnisse von Jahrzehnten und durch die Seelen und das Leben ganzer Geschlechter ausgebreiteten und ausgesponnenen Handlung auf die einfacheren Linien und in den engeren Rahmen eines das Ganze beherrschenden Einzelschicksals wurde es möglich, aus einem, seiner inneren Artung nach dem Film so wesensfernen, fast feindlichen Ruch den Stoff für einen der zweifellos besten Spielfilme zu gewinnen. Der junge Spielleiter Gerhard Lamprecht. schon zuvor eine der besten Hoffnungen des deutschen Films, hat damit seine stärkste, reifste Leistung gegeben und seinem Namen den Platz gesichert, auf den sein Können und sein Streben ihm Anspruch geben. […]
Die ganze Handlung ist in moderne Verhältnisse gestellt, aber umrahmt von dem Glanz und der reizvollen Intimität Alt-Lübecks. Schon allein das macht den Buddenbrook-Film zu einem Kapitel lebendiger Kulturgeschichte vom reichsten Reiz. Es ist dem einfachsten Sinn zugänglich und befriedigt den anspruchsvollsten.
h–g., Der Kinematograph, Nr. 864, 9.9.1923
The future founder of the Deutsche Kinemathek, Gerhard Lamprecht, was twenty-five years old when he took over the direction of BUDDENBROOKS. He wrote the script together with Luise Heilborn (later Heilborn-Körbitz). Her interventions in the material were considerable: she radically reduced the story from four generations to one, condensed scenes, added others, and was not afraid to rewrite the ending. At the request of the production company and against the wishes of the director, the material was consistently modernized and brought into the present.
Thomas Mann wrote to Heilborn that he had great confidence in the seriousness with which she approached the task – and asked her for advice about his royalties: Should he have it paid out in dollars instead of Reichsmarks? […] When Lamprecht and Heilborn read the script page by page to the author, he agreed to all the changes. Nevertheless, Thomas Mann publicly distanced himself from the film adaptation, calling it a “stupid and sentimental cinema drama,” an “indifferent merchant drama” of which “my soul knows nothing.”
Mann’s ambivalent relationship to film in general must be taken into account here. A few years later, in a 1928 interview, he called almost all feature films “silly and sentimental,” but at the same time confessed that he went to the cinema “very often” and that it was a “cheerful passion” of his. He both despised and loved the cinema, and many films moved him to tears.
Kristina Jaspers, in: German Film. From the Archives of the Deutsche Kinemathek. Berlin, 2024