In ihrem umfangreichen Dokumentarfilm FILM, THE LIVING RECORD OF OUR MEMORY zeichnet Inés Toharia ein detailliertes Bild der weltweiten Bestrebungen und Aktivitäten zur Erhaltung, Konservierung und Bewahrung des Filmerbes. Sie lässt dabei unzählige Expert*innen aus der ganzen Welt zu Wort kommen. Unterstützt durch die prägnanten Bilder von Toharias Kamera und historische Aufnahmen, erläutern Filmarchivar*innen, Kurator*innen Restaurator*innen, Techniker*innen und Filmhistoriker*innen die einzelnen Teilbereiche, Herausforderungen sowie die Notwendigkeit der Filmarchivierung und -konservierung. Auch Filmschaffende wie Bill Morrison, Martin Scorsese, Ridley Scott oder Wim Wenders kommen zu Wort. Toharia hat für ihren unterhaltsamen und informativen Film zahllose Archive und Institutionen rund um den Globus besucht und Gespräche mit den Mitarbeitenden geführt. Besonders interessant sind die Perspektiven und Herausforderungen aus Asien, Lateinamerika und Afrika, die sie zusammen mit Stimmen aus Europa, Nordamerika und Australien vereint. Eine Hommage an das Feld der Filmarchivierung, dessen Akteur*innen und an die Notwendigkeit des Schutzes des globalen Filmerbes, die erstmals in Deutschland zu sehen ist.
Zum Auftakt: Her Violet Kiss
(USA 2021, 5 Min, Regie: Bill Morrison, Musik: Michael Montes, Farbe und Schwarzweiß, DCP, Ohne Dialog)
Bill Morrison, ein Meister des sogenannten „Found Footage Films“, rekontextualisiert in diesem experimentellen Kurzfilm eine Szene aus dem verschollenen deutschen Stummfilm LIEBESHÖLLE, der 1928 unter Regie von Wiktor Biegański und Carmine Gallone entstand. Lediglich Fragmente des Films, der in den USA 1929 unter dem Titel PAWNS OF PASSION herauskam, sind in der Library of Congress erhalten. Morrison wählte für seinen Film eine Ballszene, in der ein maskierter Unbekannter – in LIEBESHÖLLE der Offizier Pierre, gespielt von Henri Baudin – und die Schauspielerin Olga Tschechowa als Ala Suminska zu sehen sind. Der Kontext um die (für Morrisons Arbeiten typischen) stark zersetzten, hypnotisch wirkenden Filmbilder bleibt völlig offen und, inspiriert von der ebenfalls hypnotischen Musik Michael Montes‘, der Imagination des Publikums überlassen.
Bill Morrison ist Regisseur und Medienkünstler, dessen Werke auf Filmfestivals in New York, Rotterdam, Sundance und Venedig in Premiere gingen und in Institutionen wie BAM, Barbican, Carnegie und der Walt Disney Concert Hall zu sehen waren. Seine Found Footage-Filme zeigen seltene Archivmaterialien, die häufig Zersetzungerscheinungen aufweisen, lange vergessen waren und die Morrison in Kombination mit oftmals hypnotischer Musik als Teil einer kollektiven Mythologie umdeutet. Am bekanntesten sind seine Werke DECASIA (2002) und DAWSON CITY: FROZEN TIME (2017).
Tickets sind für 5€ pro Person vor Ort erhältlich.