Bereits einige Jahre vor der Erfindung der Mickey Maus erlebte der amerikanische Zeichentrickfilmer Walt Disney seinen Durchbruch mit den ALICE COMEDIES. Im Zentrum der zwischen 1924 und 1927 entstandenen Kurzfilmserie steht das junge unternehmungslustige Mädchen Alice, das im Verlauf der Serie von verschiedenen Kinderdarstellerinnen verkörpert wurde. Durch eine für die Zeit nicht untypische, heute noch erstaunlich raffiniert wirkende Kombination von Realaufnahmen und Zeichentrick, erlebt Alice eine Reihe von lustigen Abenteuern in einer Cartoon-Welt. Verschiedene Episoden der ALICE COMEDIES waren seit 1995 immer wieder auf den Stummfilmtagen zu sehen. Durch ihren absurden, fast surrealistischen Humor bezaubern sie sowohl Kinder als auch Erwachsene. In dieser ganz besonderen Veranstaltung, die sich dezidiert an Familien und Kinder richtet, werden sechs Filme aus der Sammlung des EYE Filmmuseums präsentiert. Sabrina Zimmermann und Mark Pogolski werden die Filme nicht nur musikalisch begleiten sondern ebenfalls kommentieren und erklären, wie Musik zum Stummfilm funktioniert.
Aufschlußreich ist der Vergleich frühester Disney-Produktionen mit heutigen Zeichentrickfilmen. In seine ALICE-Serie (1923bis 1927), noch ganz ohne Mäuse und ohne Musik, erfand Walt Disney eine eigene Alice, eine Lolita mit erwachsenem Blick. Hier geht es weniger um Lewis Carrolls Verwandlungsspiele als um die von Disney gezeichnete Welt und um Amerika: Alice tritt im Western oder im Slapstick auf. Die Serie setzte auf den Effekt des Zusammenspiels eines kleinen (realen) Mädchens und eines gezeichneten Katers in einer gezeichneten Welt. Dann tauschte Disney seine Alice-Darstellerin, weil sie ihm zu lebendig, zu präsent, zu auffallend war, gegen eine andere, gesichtslosere aus, die eigentlich nur die Tricks des Katers bewunderte: die gezeichnete Figur hat die lebendige ausgetrickst. Die ALICE-Serie wurde abgelöst durch die Filme mit Oswald, dem glücklichen Kaninchen. Das ähnelte schon etwas Mickey, dessen Geburtsjahr noch nicht gekommen war.
Oksana Bulgakowa, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.3.1993
The ALICE films were imaginative and often quite funny, though as with most silent cartoons there was little in the way of storyconstruction; gags and movement were the order of the day. The amount of interaction between the girl and her cartoon world varied from one episode tothe next, which may have been a function of deadline pressures or budget, butsome of these utterly simple “special effects” are still impressive today. The design of the animated characters was more than a bit reminiscent of such successful series as Paul Terry’s AESOP’S FABLES and Pat Sullivan’s FELIX THE CAT, a kind of outright imitation that Disney later admitted – just as he made no bones about the fact that the ALICE series was simply Max Fleischer’s OUT OF THE INKWELL in reverse.
Leonard Maltin, The Disney Films, New York 1973
Tickets gibt es hier. Preis: 10€/Erwachsener, 1€/Kind