David Taylor arbeitet als Bahnwärter in einem abgelegenen Berggebiet und lebt glücklich mit seiner Frau Sally und seinem kleinen Sohn Sonny zusammen – bis er seinen neuen Arbeitskollegen Joe Standish als Mieter aufnimmt. Denn die Anwesenheit des zwielichtigen Säufers Standish bedroht die Familienidylle. Dieser packende Unterhaltungsfilm entstand unter Regie von Clarence Brown, dem späteren Lieblingsregisseur Greta Garbos, der aus einem simplen Familiendrama eine Meisterleistung schuf. Der Film war seinerzeit sowohl bei den Kritikern als auch beim Publikum äußerst erfolgreich. Leider existiert von DAS ROTE SIGNAL heute keine 35mm-Filmkopie mehr, es sind lediglich 16mm-Kopien überliefert. Das San Francisco Silent Film Festival und die Londoner Photoplay Productions haben im Zuge einer aufwändigen digitalen Restaurierung das Beste aus diesem 16mm-Material heraus geholt und ein vortreffliches Resultat erbracht. Bislang nur einmal in San Francisco vorgeführt, läuft die restaurierte Fassung von DAS ROTE SIGNAL bei den Stummfilmtagen in europäischer Erstaufführung.
Mit diesem inhaltlich und technisch geradezu vollendeten Werk verabschiedet sich Hans Brodnitz von der Leitung des Meinhard-Bernauer-Kinos. Der Film vereinigt alle Vorzüge amerikanischer Filmkunst, ohne jedoch auch deren sonst stets auftretende Mängel zu zeigen. Die Handlung ist streng auf Milieuschilderung aufgebaut und gibt in unerhörter Spannung dramatische Begebnisse aus dem Leben der Eisenbahner wieder, die auf verantwortungsvollem Posten an einer eingleisigen Gebirgsbahn sitzen. Der pflichtbewußte Beamte, der in der Not selbst Frau und Kind im Stich läßt, um durch restlose Erfüllung seines schweren Dienstes hunderte von Menschenleben noch im letzten Augenblick zu retten, wird effektvoll in Kontrast gestellt gegen den leichtsinnigen Schürzenjäger und Säufer, dem seine Begierden überalles gehen. Geschmackvoll jedoch hat man die reine Schwarz-weiß-Malerei von Gut und Böse vermieden und auch dem leichtsinnigen Bruder sympathische Züge gegeben. (...)
Den Gipfel aber erreicht dieses Werk in der Regie- und Kameratechnik. Das Ausarbeiten der spannenden Momente, die Betonung des Gemütvollen bei Vermeidung allen Kitsches, die echte Milieuschilderung und die grandiose Beherrschung der Trick- und Modelltechnik für die Herausbringung nervenerregender Sensationen stehen fast einzig da. Besonders zu erwähnen sind die im Gebirgshochwald gewonnenen Landschaftsbilder, in denen, auch mit Kunstlicht, wundervolle Effekte den Bildern den Charakter eines Gemäldes geben.- Das Werk ist eines der schönsten Publikumsfilme.
Dr. M–l., Lichtbild-Bühne, Nr. 137, 28.7.1925