Im Jahr 1913 entstand mit ATLANTIS der erste dänische Monumentalfilm. Die Produktionsfirma Nordisk, die sieben Jahre zuvor gegründet worden war, war zu dieser Zeit international federführend. Regie führte August Blom, der mit der Durchsetzung des Langspielfilms zu Nordisks Hauptregisseur avancierte. ATLANTIS zählt zu seinen ambitioniertesten, aufwändigsten und teuersten Produktionen. Auch der spätere CASABLANCA-Regisseur Michael Curtiz wirkte als Hilfsregisseur mit. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman Gerhart Hauptmanns über den Untergang eines großen Passagierdampfers auf der Fahrt von Europa nach Amerika, für den der Autor 1912 den Literaturnobelpreis gewann. Der Biologe Dr. Friedrich von Kammacher folgt der Tänzerin Ingigerd Hahlstrøm nach New York, doch auf halber Strecke kommt es zur Schiffskatastrophe, die nur eine Handvoll Passagiere überlebt. Film und Novelle wurden in der zeitgenössischen wie auch der späteren Rezeption in Verbindung mit dem Schicksal der Titanic gebracht, die 1912, nur wenige Wochen nach dem Erscheinen von Hauptmanns Roman sank. Zu sehen ist ATLANTIS in einer nagelneuen 4K-Digitalisierung des Dänischen Filminstituts, die auf der Farbrestaurierung der 2021 verstorbenen Filmhistorikerin Marguerite Engberg aus dem Jahr 1993 basiert.
Einführung: Thomas Christensen, Det Danske Filminstitut
In dem ATLANTIS-Film der Kammer-Lichtspiele kommt ein Schaustück vor, das in sich am besten und vollkommensten zum Ausdruck gelangt, und wo der photographische Apparat uns so gut wie nichts schuldig bleibt und vermissen läßt. Es wird uns eine Programm-Nummer aus einem Varietétheater vorgeführt. Ein armloser Artist vollbringt in geschicktester Weise mit seinen Füßen all die Verrichtungen, wozu uns sonst, wie wir glauben, die Hände ganz und gar notwendig sind., … und von alledem, was dieser Artist zu leisten vermag, gibt mir das Bild und die Leinewand ebenso lebendige Vorstellung wie ein Varietébesuch und der unmittelbare Anblick dieses Fußkünstlers. Und wenn Hauptmann in seinem Romane von einem solchen Artisten, dem Artur Stoß, mir erzählt, dessen Produktionen im Wort beschreibt und schildert, so ist der Kinematograph in der Darstellung und Wiedergabe gerade derartiger Produktionen dem Dichter zweifellos überlegen. Hauptmann schildert und beschreibt uns auch den Spinnentanz einer kleinen und genialen Tänzerin, und diese dichterische Schilderung wird mich doch nie so sinnlich packen und berühren können, als wenn ich so ein kleines und geniales Wunderkind selber unmittelbar tanzen sehe.[…] Auch dieser Spinnentanz der Ingigerd Hallström ist eine recht ansprechende und hübsche Nummer des ATLANTIS-Films.
Julius Hart, Der Tag, Berlin, 24.12.1913
After ten months of expectancy, the public has at last been given the six reel story of ATLANTIS, heralded by the Great Northern Film Company as the adaptation from the famous novel by Gerhart Hauptmann, winner of the $40,000 Nobel prize in literature.
The name ATLANTIS is one that challenges the curiosity of those not familiar with the story. Its significance has to do with the dream-island which is reputed to have once been visible in the middle of the Atlantic, but which mysteriously disappeared from human sight. The production of the story is beyond criticism, the sinking of the great ocean vessel Roland, alone being sufficient to establish its worth.
The circumstance of the wrecking of the Roland was akin to that of the recent sinking of the Empress of Ireland – a fog, another vessel, a collision, then the in-rush of the water and the frenzy of the passengers, followed by the filling of the life-boats, the tipping over of those over-loaded, the frantic jump into watery graves, the lurch of the prow of the big vessel, the jump from the fore-castle of the captain and the gradual disappearance of the great boat, until not even a spar remains above water to mark the spot where she has gone down.
If for no other scene than this, the picture is worth general attention. But there are other scenes to which is attached especial interest and which earn admiration.
Motography, No. 13, June 27, 1914
Wir zeigen diesen Film im Rahmen eines Doppelprogramms. Der erste Film ist THE BOAT