*Hommage Cinemateca Brasileira*
Assunta Spina arbeitet als Wäscherin in Neapel und ist mit dem Fleischer Michele Boccadifuoco verlobt – sehr zum Ärger von Rafaele, der erfolglos um Assuntas Zuneigung kämpft. Um sich zu rächen, lockt Rafaele Michele in eine Falle und unterbreitet ihm das Gerücht, Assunta hätte einen anderen Liebhaber. Blind vor Wut und Eifersucht wird Michele gewalttätig, was zu seiner Verhaftung und zweijährigen Gefängnisstrafe führt. Diese soll er in einem weit entfernten Gefängnis absitzen. Damit Michele in einem Gefängnis in Neapel bleiben kann, lässt sich Assunta auf einen Pakt mit einem skrupellosen Gerichtssekretär ein – mit fatalen Folgen.
Die großartige Schauspielerin Francesca Bertini, die auch für die Regie des Films mitverantwortlich war, glänzt in diesem mitreißenden Drama um Liebe und Hingabe, Misstrauen und Verlust. Der Klassiker des italienischen Divenfilms, der an Originalschauplätzen in Neapel gedreht wurde, konnte 1993 von der Cineteca di Bologna mit Hilfe einer viragierten Nitrokopie aus dem Bestand der Cinemateca Brasileira in São Paulo in Farbe restauriert werden.
Das hervorragende Werk von Salvatore Di Giacomo ist ein Werk des Theaters und der Poesie: schnell, schonungslos, ekstatisch – die Leidenschaft, die es verkörpert, lebhaft wie die neapolitanische Umgebung, in der es sich ereignet, erbarmungslos, oft schmerzhaft hart, wie die gewaltsame Realität des Volkes, von dem es stammt.
[…] Das kinematographische Werk verliert im Verhältnis zum Theaterstück an Intensität und und emotionaler Kraft; es erscheint eher beschreibend als narrativ, konzentriert sich stärker auf das Ambiente als auf die Gefühle und Leidenschaften. […] Die Anstrengungen des künstlerischen Leiters hingegen scheinen jeder Anerkennung würdig. Sein Wissen um Effekte und Kontraste, seine tiefe Kenntnis der menschlichen Seele und der Orte, an denen sich das Drama abspielt, zeugen vom Bewußtsein eines Künstlers, der weder die Quelle verändert, aus der der schöpft, noch das Leben, das er beobachtet und von dem er sich inspirieren läßt.
Perfekt abgestimmt ist die Darstellung – vor allen anderen Schauspielern diejenige der bemerkenswerten Francesca Bertini […] Wie eine Grande Dame befreit sie sich von der leichten Umhüllung, die ihre Gesten verdeckt, wenn sie sich zu einer sogenannten „großen Darstellung“ erhebt.
G.A.R., Apollon, Rom, Juli 1916 (aus dem Italienischen übersetzt von Connie Betz, 2007)
Adapted from Salvatore di Giacomo’s play of the same name, ASSUNTA SPINA is set in Naples, and it vividly captures that Parthenopean city’s living breath and deepest spirit. Naples is not just a location, it is the soul of the film. The city is mirrored on screen, bringing to life its anonymous alleyways, spare interiors and street markets, all the places that most define its identity. [...] But especially, it is in the fleeting views, wide shots, and background glimpses of the urban landscape that Naples and its inhabitants are revealed most nakedly to the camera. The dramatic power and candor of these moments heightens the impression of truth that is one of the essential stylistic qualities of the film.
[...] Francesca Bertini essentially directed the film: adapting the text, pointing out suitable filming locations, and even operating the camera when she was not performing in the scene. Aided by her inseparable, expert cameraman Alberto Carta, Bertini displayed an unexpected talent even in this untested role, as is evident in the intensely dramatic quality of the images.
Bertini’s responsibilities as a director in no way impeded her acting: as Assunta, Bertini gave a performance of extraordinary caliber. She infuses the role of this young woman overwhelmed by destiny with unbridled expressive power. Over the course of the film, the actress’s face and body are transformed, visually embodying the contrasting desires that drive Assunta and lead to the progressive ruination of her life.
Giovanni Lasi, in: Dive! DVD booklet, Bologna 2018